Lernen Sie richtig?
Ich gebe Ihnen heute Einblick ins Fachwissen der Erwachsenenbildung. Berufsbezogene und an der Praxis orientierte Trainings und Lehrgänge werden von Unternehmen bevorzugt. Bestens bewährt haben sich dabei jene Fortbildungen, die ein sofortiges Umsetzen des Gelernten ermöglichen und auf einen praxisorientierten Kompetenzerwerb setzen.
Hinter dieser Anforderung steht jedoch ein methodisch-didaktisches Konzept. Es nennt sich “Kompetenzorientierung” und zielt darauf ab, die Inhalte so aufzubereiten, dass diese von den Lernenden selbständig erarbeitet und gelöst werden.
Doch um welche Kompetenzen handelt es sich hier?
In der Erwachsenenbildung geht es vorrangig um die Vermittlung beruflicher Handlungskompetenz. Diese ist per Definition ein Zusammenspiel aus fachlichen, methodischen, personalen und sozialen Kompetenzen.
Man geht davon aus, dass diese vier Kompetenzbereiche jene Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten beherbergen, die man im eigenen beruflichen Alltag täglich benötigt. Damit beeinflussen sie wesentlich die Performanz, das berufliche Handeln. Und erst durch das Zusammenspiel aller vier Kompetenzbereiche wird berufliches Handeln möglich.
Fachkompetenz
Das Fachliche ist klar. Hier geht es um Theorie, Faktenwissen, Grundlagenwissen, aber auch um Kennnisse über relevante Begriffe zu einem bestimmten Fachbereich. Die Fachterminologie und Fachsprache wird der Fachkompetenz zugeordnet.
Die Vermittlung von Fachkompetenz war zentraler Bestandteil bisheriger Lernkonzepte. Alle, die vor 2000 ausgebildet wurden, verfügen vermutlich über hohe Fachkompetenz auf damaligem Level.
Wenn Ihre Mitarbeiter Probleme haben, sich mittels Fachwortschatz ihres Arbeitsgebietes korrekt auszudrücken, dann fehlen oftmals Fachkompetenzen. Denn der Fachwortschatz stellt sich automatisch ein, wenn man Faktenwissen auch intellektuell verstanden und verinnerlicht hat.
Methodenkompetenz
Geht es um Methodenkompetenz, dann handelt es sich dabei um die Fähigkeit und um Fertigkeiten, sich Wissen selbst zu beschaffen, zu verwerten und mit Problemstellungen umzugehen.
Ohne Methodenkompetenz können Sie auch nie Fachkompetenz aufbauen und diese erfolgreich nutzen. Sie ist dafür verantwortlich, dass man zielgerichtet, strukturiert arbeitet und an die Aufgaben und gestellten Probleme effektiv herangeht.
Diese Methodenkompetenz ist ausschlaggebend für:
- systematisch sich an Problemstellungen nähern
- Zusammenhänge erkennen
- Informationen selbstständig zu erschließen
- Medien kritisch zu nutzen (Ablehnung ist KEINE kritische Nutzung!)
Damit stellt die Methodenkompetenz vielleicht den wichtigsten Kompetenzbereich im Beruf dar. Weil sie maßgeblich daran beteiligt ist, wie man lebenslang lernt und sich auch hinsichtlich der eigenen Lernstrategie weiter entwickelt.
Haben Ihre Mitarbeiter Probleme, zielgerichtet und strukturiert zu arbeiten, besteht häufig ein Mangel an Methodenkompetenz. Allein durch das Einführen einer Technologie (zB. Collaboration Tool), lässt sich ein solcher Mangel an Methodenkompetenz nicht ausgleichen.
Sozialkompetenz / Verhalten
Im betrieblichen Kontext wird die Sozialkompetenz häufig unterschätzt und als gegeben vorausgesetzt. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit, die man für soziale Interaktionen benötigt:
- Teamfähigkeit
- Konfliktfähigkeit
- Kommunikationsfähigkeit
- Kooperationsfähigkeit
Diese Fähigkeiten sind teils Veranlagung und Teil der Erziehung, indem sie durch Nachahmung erlernt werden. Wer beispielsweise als Kind nicht gelernt hat, sich kooperativ zu verhalten, wird kaum über Kooperationsfähigkeit verfügen. Wer soziale Situationen nicht richtig einschätzen kann, tut sich meist auch schwer mit der Gestaltung von Beziehungen.
ACHTUNG: Ausnahme Hochsensibilität! (rund 20 % der Bevölkerung zählen zu den so genannten empathischen Persönlichkeiten; mehr dazu erfahren Sie beim Netzwerk Hochsensibilität)
Auch die Fähigkeit sich anderen gegenüber situationsangemessen zu verhalten, fällt in den Bereich der Sozialkompetenz. Dafür muss man über Fertigkeiten im Umgang mit kommunikativen Strategien verfügen, um diese auch an passender Stelle anzuwenden.
Fertigkeiten erwirbt man übrigens durch Übung. Per Definition handelt es sich dabei um automatisierte Komponenten von Tätigkeiten, über die wir nur geringe Bewusstseinskontrolle haben. Sprich, Fertigkeiten gehen einem automatisch von der Hand. Beispiele dafür sind das Rechnen und Auswendiglernen als kognitive Fertigkeiten, oder das Bohren, Feilen, Schneiden, Tippen als praktische Fertigkeiten.
Wird in Ihrem Betrieb Konflikten aus dem Weg gegangen und haben Ihre Teams Probleme miteinander zu arbeiten, dann fehlt es meist an Sozialkompetenz. Und zwar auf beiden Seiten: nämlich auf Mitarbeiterebene UND Führungsebene! Hier gilt nämlich, wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück. Sozialkompetenz ist eng mit der Unternehmenskultur und der Fehlerkultur im Unternehmen verknüpft.
Personalkompetenz oder Selbstkompetenz
Die Personalkompetenz hat nur wenig mit “Personal” im Sinn von “Mitarbeiter” zu tun. Im Gegenteil, sie bezieht sich auf die eigene Person. Deswegen wird sie auch “Selbstkompetenz” genannt.
Diese bezeichnet einen kompetenten Umgang mit sich selbst, der gemäß der Transaktionsanalyse dann gegeben ist, wenn man sein Erwachsenen-Ich lebt. Jemand mit hoher Selbstkompetenz verfügt über folgende Fähigkeiten:
- Selbstmanagement
- Selbstmotivation
- Selbstreflexion
- kompetenter (erwachsener) Umgang mit dem Selbstwert
Sie erkennen selbstkompetente Menschen daran, dass sie wissen, wer sie sind, sich selbst zu hinterfragen vermögen, gleichzeitig die Hybris (Selbstüberschätzung) meiden und die genaue Vorstellungen davon haben, wohin sie sich entwickeln möchten. Selbstkompetente arbeiten proaktiv auf ihre Ziele hin und übernehmen Verantwortung für ihr Handeln. Sie können Hindernisse überwinden und lassen sich von Misserfolgen nicht entmutigen.
Sind in Ihrem Unternehmen immer die Anderen Schuld, mangelt es den kritisierenden und Schuld zuweisenden Personen an Selbstkompetenz. Solche Unternehmen verbrauchen regelrecht Konfliktberater und Mediatoren. Meist geht damit auch eine deutliche Entscheidungs- und Führungsschwäche der Inhaber einher.
Wohin gehören nun kommunikative Kompetenzen?
Die kommunikative Kompetenz können Sie wie folgt zuordnen: der Fachkompetenz (Verstehen fachlich-theoretischer Komponente von Kommunikation)
der Sozialkompetenz (Wirkung verstehen und Kommunikation situationsangemessen anwenden)
und der Selbstkompetenz (eigene und Interessen Anderer in Einklang bringen, Konsens herstellen können oder eine Fremdsprache unter Berücksichtigung der fremden Kultur sprechen können).
Richtig lernen mit Kompetenzorientierung
Ziel der Europäischen Union mit der Bologna-Strategie ist es, das Bildungssystem der EU-Mitgliedsstaaten qualitativ vergleichbar zu machen und damit Transparenz in den Bildungsprozess zu bringen. Gleichzeitig wird dadurch die Mobilität von Wissen und Wissenserwerb erleichtert. Erworbene Kompetenzen können miteinander verglichen und ausgetauscht werden, egal in welchen Land diese erworben wurden.
Lernerfolge und Ziele werden mit einem Kompetenz orientierten Training damit überprüfbar.
Gleichzeitig lässt sich mit Kompetenzorientierung auf die Anforderungen in der beruflichen Praxis zeitnah reagieren. Kompetenz orientiertes Lernen hat nämlich immer auch die Lernenden im Fokus. Denn es werden die Inhalte so vermittelt, dass die Lernenden nicht nur Fachkompetenz (Theorie und Fachwissen), sondern auch Methoden-, Personal- und Sozialkompetenz erwerben.
Wie eingangs schon erwähnt, ergibt die Schnittmenge aus diesen vier Kompetenzbereichen die eigentliche berufliche Handlungskompetenz. Und auf die kommt es bei der digitalen Transformation von Unternehmen ganz besonders an.
Im Übrigen ist es der Job der Personalverantwortlichen auf berufliche Handlungskompetenz beim Auswahlverfahren zu achten. Und den bestehenden Mitarbeitern eine individuelle Weiterentwicklung ihrer Handlungskompetenzen zu ermöglichen.