Warum wir digitale Kommunikation so schwer lernen…

Angelika WOHOFSKY
5 min readFeb 14, 2022

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Im Rahmen der Digitalisierung wird auch immer von Haltung gesprochen. Es scheint eine Sache der persönlichen Einstellung zu sein, ob ein Unternehmen digital “freundlich” gestimmt ist und dafür neue Kompetenzen erwirbt.

Diese Grafik — die seit 2017 v.a. durchs LinkedIn-Netzwerk reist — beschreibt die Sache mit der Haltung recht anschaulich.

Menschen, egal in welchen Abteilungen diese tätig sind, versuchen vorrangig in ihrer COMFORT ZONE zu bleiben. Dort ist es sicher, und man hat alle Rahmenbedingungen im Griff. Deren Mindset dort: geringes Risiko, geringe Belohnung, Alltagstrott und Resignation. Lernen will man in der Comfort Zone nur wenig. Schließlich läuft der Laden und man sieht keinen Grund, sich zu verändern. Und das Thema Kommunikation bildet innerhalb dieser Zone auch einen Nebenschauplatz im Job. Schließlich kommuniziert man ja eh, und weshalb sollte man dafür noch dazulernen?

Zone der Selbstüberschätzung?

Gerade die Comfort Zone kann ein Unternehmen in ernste Schwierigkeiten bringen. Gilt ja auch der Spruch: Wer satt ist, bewegt sich nicht vom Fleck. Und so laufen saturierte Unternehmen, die es sich in ihrer Komfortzone bequem gemacht haben, Gefahr, die Entwicklungen am Markt zu verschlafen.

Gerade traditionelle Branchen wie Bau, Gewerbe und Handwerk, aber auch der Tourismus zeichnen sich noch immer mit einem geringen digitalen Reifegrad aus. Weil es analog noch gut läuft. Und das Digitale nur Unruhe ins Unternehmen bringt.

Dieses “Es läuft ja gut bei uns” kann aber Teil einer gefährlichen Selbstüberschätzung sein. Die gleichzeitig dazu führt, dass alle Versuche, den Vertrieb und die Kundenkommunikation zu digitalisieren, scheitern. Motto: Never change a running system.

Die Zone der Angst

Diejenigen, die sich aus der Comfort Zone hinaus wagen, betreten die furchteinflösende FEAR ZONE, die “Zone der Angst”. Die eigene Haltung ist ist in dieser Zone auf Verteidigung ausgelegt, erkennbar an wenig Zufriedenheit im Leben, man wird von der Meinung Anderer beeinflusst; Ausreden nicht zu handeln, dominieren das eigene Verhalten.

Das Unternehmen findet jedes nur erdenkliche Argument, nicht zu digitalisieren, nicht die Kommunikation auf den digitalen Kunden auszurichten. Man fühlt sich von der Veränderung bedroht.

Auch während dieser Phase haben Digialisierungsvorhaben einen schweren Stand. Im Gegenteil, solange ein Unternehmen sich nach außen hin verteidigt und sich vom Markt oder dem Digitalen “angegriffen” fühlt, hat Digitalisierung keine Chance.

Neugier wecken

In der LEARNING ZONE werden Probleme gelöst, man stellt sich den Herausforderungen, eignet sich neue Fähigkeiten an und erweitert damit die eigene Komfortzone deutlich.

Wer in dieser Lernzone angelangt ist, verfügt meist auch über ein gutes Selbstvertrauen. Man weiß um seine Stärken. Man weiß aber auch, dass man die Probleme lösen kann und einen Weg finden wird, die Herausforderungen zu meistern.

Damit aber noch nicht genug. Jetzt erst ist man fähig, in die WACHSTUMSZONE vorzudringen. Denn hier finden Menschen ihren Purpose, hier erreicht man erst die Ziele und setzt sich neue Ziele, lebt seine Träume. Diese auszuarbeiten, dabei können uns digitale Kommunikationsmedien unterstützen.

Wenn man will, vergleicht man diese Zonen mit der menschlichen Entwicklung. Als Baby wird man in eine Comfort Zone geboren. Krabbelt das Kleinkind aus dieser heraus, schwankt es zwischen Angst und Neugier. Siegt die Angst, geht es zurück zu Mama und Papa. Siegt die Neugier, entdeckt das Kleinkind seine Umwelt und lernt dadurch Neues, neue Fähigkeiten, und erweitert somit seine Comfort Zone. Aus dem Learning wird dann Wachstum, wenn der junge Mensch beginnt, sich Ziele zu setzen und sie zu verwirklichen. Das gelingt im Probelauf im Jugendalter und sollte selbstverständlich für den erwachsenen Menschen sein. Schreien und Schuldige ausmachen, wie für die Angstzone typisch, stellt hingegen keine erwachsene Haltung dar, sondern vielmehr eine frühkindliche Trotzphase kurz vor Rückkehr zu Mama und Papa.

Was lernen wir aus dieser Grafik für die digitale Kommunikation?

In der Comfort Zone und Fear Zone wird aggressiv, abwehrend gegenüber dem Außen kommuniziert. Kund:innen gelten als “lästig”, Veränderungen am Arbeitsplatz werden abgewehrt und schlecht geredet. — “Das Digitale braucht kein Mensch!”
Man fürchtet um die eigene Position und haut lieber auf das Neue hin, um zu vertuschen, dass einem das Wissen dazu fehlt. Schnell werden Schuldige ausgemacht, man fühlt sich als Opfer. Oder oft hört man auch das Statement vom Marketing: “Der Chef wollte es so. Wir mussten Kompromisse eingehen. Wir sind nicht verantwortlich für die schlechte Website.”

Genau diese Kompromisse dienen aber einem völlig anderen Zweck. Sie dienen nur dazu, die Veränderung zu blockieren. Die Kommunikation ist auf Abwehr und Angriff programmiert. Neues hat keine Chance. Am Ende leidet das Image des Unternehmens darunter.

Wer blockiert handelt aggressiv
In Summe herrscht ein aggressives, streitbares Arbeitsklima, eine Unternehmenskultur der Kontrolle und des Bashings in Unternehmen, die im System aus Bequemlichkeit und Angst gefangen sind. Und — wer Angst hat, lernt nicht und lehnt Veränderung ab; sichtbar in traditionellen Branchen, die sich der Digitalisierung verwehren.

Eine Taktik, Veränderungen abzuwehren, ist deren Vereinnahmung auf höchster Ebene. Man kennt dann jemanden, der kann Websites machen und an den wird dann diese Aufgabe delegiert. Egal, ob diese Leute vom Fach sind oder nicht.

“Mein Sohn hat Informatik studiert. Der macht die Website. Der kann das.”

Solche Aussagen haben gefährliche Konsequenzen fürs zu kommunizierende Image des Unternehmens. Denn laienhafte Umsetzung (ein Informatikstudium bedeutet noch lange nicht, dass man Websites professionell für den e-Commerce entwickeln kann) ist auch sichtbar für den User.

90 Prozent kommen über die Angstzone nicht hinaus

Die meisten drehen übrigens in der Angstzone um und kehren in die Comfort Zone zurück. Auch wenn das hohe Unzufriedenheit bedeutet. Aber man hat ja einen Schuldigen und der legitimiert den eigenen Rückzug.

Rein subjektiv gehe ich davon aus, dass das auf 90 Prozent der Unternehmenssysteme zutrifft. Angst regiert den Alltag. Also ja nicht raus aus der Comfort Zone.

Neues hat nur in der Learning und Growth Zone eine Chance

Die Learning und die Growth Zone hingegen motiviert für Neues. Gespräche laufen offen und wertschätzender ab, und man fokussiert sich auf das Anliegen seines Gegenübers. Schließlich will man Probleme lösen, dazulernen, Ziele erreichen und entlang seines eigenen Purpose handeln. Der Sinn der eigenen Arbeit rückt in den Vordergrund.

Keine Spur also von Zwang oder Druck. Wie ein erwachsener, gereifter Mensch packt man die Herausforderungen an. Geht ruhig ans Werk und setzt konsequent die notwendigen Maßnahmen um. Ja, man hat sogar Spaß daran, die Herausforderungen zu bewältigen.

Diese beiden Zonen können wunderbare Zonen der beruflichen Selbstverwirklichung sein.

Was ist jetzt zu tun?

Unternehmen, die frischen Schwung in ihre Unternehmens-Kommunikation bringen wollen, sollten im ersten Schritt eine Verortung entlang dieser Grafik durchführen. Wird viel gejammert und schlechtgemacht, steckt es in der Comfort Zone bzw. Angstzone fest. Hier gilt es, nach den Gründen für die Bequemlichkeit zu fragen. Vielleicht will der Chef selbst nicht aus der Comfort Zone heraus?

Der nächste Schritt wäre dann, mutig durch die Angstzone zu schreiten. Schreiten und nicht rennen, lautet dabei das Motto. Hier setzt Strategie an. Am besten läuft’s, wenn man nach Analyse der Ist-Situation die Unternehmensstrategie genauer unter die Lupe nimmt. Sie optimiert und so den Weg durch die Fear Zone bereitet. Angstzonen lassen sich nur mit Strategie überwinden.

Gute Berater werden einen dabei begleiten können. Fundierte Trainings werden ebenfalls strategisch ausgerichtet. Und auf jeden Fall sollte man die Fear Zone nie ohne externer Begleitung durchschreiten wollen. Dabei hilft auch ein externes Veränderungsmanagement, eine Art Begleitung durch einen Digitalexperten, der der Organisation bei ihrer Entwicklung beisteht.

Übrigens, Veränderung ist Chefsache. Sie darf niemals an Mitarbeiter delegiert werden. Chefs müssen mit gutem Beispiel dabei vorangehen.

Und noch ein Tipp: Planen Sie digitale Kommunikation strategisch und implementieren Sie diese nur schrittweise, nie als Hauruckaktion. Denn auch für diese gilt, schreiten und nicht rennen!

Quelle Grafik: LinkedIn, Urheber unbekannt.

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Angelika WOHOFSKY
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Written by Angelika WOHOFSKY

Überall dort zuhause, wo Wissen über digitale Kommunikation vermittelt werden soll; für Hochschulen und Fachverlage im Einsatz.

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